Chinas E-Busse auf der Überholspur

“Kongqi hen hao!” - “Die Luft ist gut!” sagen Fahrgäste in den Elektrobussen, welche leise über die Straßen der chinesischen Metropolen surren. Die ungeheure Luftverschmutzung hat die Verkehrsrevolution in dem asiatischen Megastaat vorangetrieben und lässt die desolate Situation in europäischen Staaten im Kontrast umso deutlicher werden.

Intersection

Feinstaub Fiasko

Beschleunigt wurde China’s Schritt zur Elektrifizierung durch die, für Mensch und Natur, untragbare Verschmutzung der Luft. In den Großstädten Chinas versinken Menschen förmlich im Smog während in den Wohnungen der Städter die Luftreiniger auf Hochtouren laufen. Deren Strom wiederum aus verschmutzenden Kraftwerken bezogen wird. So ist es kaum verwunderlich, dass Smog-Warnungen auf der Tagesordnung stehen: In Peking wurde 2017 eine Feinstaubbelastung von 475 mikrogramm pro Kubikmeter gemessen. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) gibt einen Richtwert von gerade mal 25 Mikrogramm für unbedenklich an.  

Kein Diesel, keine Abgase

Angefangen mit 3.600 Bussen in 2015, ist Shenzhen mittlerweile die weltweit erste Millionenstadt, deren komplette Busflotte elektrisch betrieben wird. Ganze 16.000 elektrisch betriebene Busse bringen die 13 Millionen Bewohner Shenzhens von A nach B. Und auch in anderen Metropolen Chinas sind E-Busse seit 2017 die Regel und nicht mehr die Ausnahme; ganz zur Freude der Städter: “Die Busse sind leise, fahren sanft, innen hört man keinen Motorenlärm und draußen stinkt es nicht nach Dieselabgasen.”, so eine junge Pendlerin. Zwar ist die Luftqualität in Chinas Megastädten nach wie vor desaströs, dennoch freuen sich die Menschen schon jetzt über die Verbesserungen, welche die E-Busse mit sich bringen.

Im Westen nichts Neues

China hat sich dem Problem der Luftverschmutzung angenommen und steuert nun die Führungsposition im lukrativen Elektro- und Hybridfahrzeugmarkt an. Von den knapp 385.000 E-Bussen weltweit rollen gut 99% über chinesischen Asphalt; das Resultat: Im Reich der Mitte kommt mittlerweile jeder fünfte Bus ohne Verbrennungsmotor aus. Da stellt sich vielen die Frage, warum sich der Westen in Sachen E-Mobilität so schwer zu tun scheint? Städte wie London haben im Vergleich zu den Chinesen das eher unambitionierte Ziel im Jahr 2030 alle Busse elektrifiziert zu haben; New York gar erst bis 2040. In Deutschland sieht es sogar noch schlechter aus: Von den 78.345 zugelassenen Bussen auf den Straßen der Republik werden nur dürftige 458 (ganz oder teilweise) mit Strom betrieben, so der Stand 2016.

Kostenpunkt E-Mobilität

Dafür gibt es eine Vielzahl an Gründen, so der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Zum einen sind die E-Busse circa doppelt so teuer in der Herstellung wie ihre mit Diesel betriebenen Vorgänger. Zu diesen “Unkosten” kommen weitere Ausgaben hinzu, welche nötig sind, um Werkstätten bundesweit auf die Strom-Busse auszurichten. Und dann ist da noch das Problem mit der Reichweite. Diese ist in elektrisch betriebenen Fahrzeugen geringer als bei solchen mit Verbrennungsmotoren, was insbesondere für Strecken in ländlichen und/oder hügeligen Regionen zum Problem werden kann. All diese sind Faktoren, die deutsche Autobauer nach wie vor davon abhalten, in die Elektrorevolution zu investieren und umzurüsten. Der Hersteller Volvo ist mit seiner Produktion von Busantrieben abseits der Dieseltechnologie in Europa allein auf weiter Flur. Marktführer Daimler zum Beispiel verhält sich beim Thema E-Mobilität zurückhaltend: “Wir haben aus strategischen Überlegungen nicht den frühen Markteintritt gewählt, weil wir überzeugt sind, dass erst eine ausreichende Leistungsfähigkeit und Reichweite erreicht werden musste.”, so Daimler Entwicklungschef Gustav Tuschen.

Viel hilft viel

Die chinesischen Hersteller hat all das nicht davon abgehalten, den Schritt zu vollständiger E-Mobilität zu wagen. Im Gegenteil. Ein Sprecher des chinesischen E-Bus-Herstellers BYD sagte dem Deutschlandfunk: “Ein großer Vorteil von Elektrobussen sind die niedrigen Betriebskosten. Sie sind im Verbrauch deutlich geringer als bei Diesel-Bussen”. Forschungsarbeiten des Konzerns haben hervorgebracht, dass pro angefertigtem Bus jedes Jahr gut 20.000 € eingespart werden, da alle Ausgaben für den Diesel-Rohstoff entfallen. Zudem, so BYD, ist auch die Wartung und Instandhaltung der Elektrofahrzeuge kostengünstiger. Ein weiteren Vorteil, den chinesische Hersteller wie BYD im Gegensatz zu ihren westlichen Konkurrenten genießen, ist die staatliche Mitfinanzierung durch die chinesische Zentral- sowie Lokalregierung in den jeweiligen Städten. Diese staatlichen Subventionen reduzieren die Höhe der Anschaffungskosten der diesel-freien Busse um fast die Hälfte. Ein willkommener Nebeneffekt der Finanzspritze: Sichere Absatzmärkte und somit eine hohe Bereitschaft von Anlegern sowie Herstellern in die Massenproduktion einzusteigen.

Die chinesische Zukunft der E-Mobilität scheint unaufhaltsam und äußerst vielversprechend, da sind sich Automobilexperten einig. Darüber, dass deutsche und europäische Hersteller anfangen müssen aufzurüsten, um die angekündigte Verkehrsrevolution nun endlich in die Tat umzusetzen, steht für die Experten jedoch ebenso außer Frage. Denn: Nichts ist so wichtig, wie die Luft, die wir zum Atmen brauchen, und der Schutz des Planetens, auf dem wir leben.