Die neue EU-Kommission, unter Führung der deutschen CDU Politikerin Ursula von der Leyen, hat ein umfangreiches europäisches Klimaschutzkonzept angekündigt. Der sogenannte “European Green Deal” soll Europas Transformation hin zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft beschleunigen und die EU zum Klima-Vorreiter machen. Zuständig für den European Green Deal ist der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans. Nun steht der niederländische Kommissar vor der herausfordernden Aufgabe, den vorgeschlagenen Klimadeal mit Inhalten zu füllen.
EU Kommission nahm Arbeit am 1. Dezember 2019 auf
Ursula von der Leyen, die neue Präsidentin der EU-Kommission, erklärte ein europäisches Klimaschutzprogramm zu einer der Prioritäten ihrer Agenda für die kommenden fünf Jahre. “Ich möchte, dass der Green Deal Europas Markenzeichen wird”, sagte von der Leyen während der Präsentation ihres Teams im September dieses Jahres. Eigentlich sollte die neue EU-Kommission bereits am 1. November ihre Arbeit aufnehmen. Nachdem drei der 26 Kommissionskandidaten in den notwendigen Anhörungen im EU-Parlament scheiterten und die Nachnominierungen seitens Ungarn, Rumänien und Frankreich zusätzliche Zeit in Anspruch nahmen, wurde die offizielle Übernahme der Amtsgeschäfte auf den 1. Dezember verschoben. Auch dieser Termin wackelte zunächst, da Großbritannien sich weigerte, wie von der EU gefordert, einen britischen Kandidaten für die Kommission vorzuschlagen. Bereits früh vom EU-Parlament bestätigt wurde jedoch der Niederländer Frans Timmermans, der als Vizepräsident der Kommission für die europäische Klimapolitik zuständig ist und damit hauptverantwortlich für die Umsetzung des European Green Deals sein wird.
Der European Green Deal
Das Herzstück der europäischen Klimaagenda soll zukünftig der European Green Deal sein. Mit dem European Green Deal wird das Ziel verfolgt, die EU bis Mitte des Jahrhunderts zur “Klimaneutralität” zu führen. “Ich möchte, dass Europa Vorreiter ist. Ich möchte, dass Europa Wissen, Technologien und bewährte Verfahren exportiert”, so Kommissionschefin von der Leyen. Sie beauftragte Frans Timmermans innerhalb der ersten 100 Amtstage der neuen Kommission mit der Erarbeitung eines europäischen Klimagesetzes. Timmermans ist dabei jedoch auf die Unterstützung aller Mitgliedstaaten angewiesen. Einwände kommen vor allem aus der Tschechischen Republik, Estland, Ungarn und Polen. Zum nächsten EU-Gipfel am 12. Dezember soll ein Kompromiss gefunden und ein Abkommen ausgehandelt werden.
Inhalt des Konzepts
Bisher ist der European Green Deal jedoch nur ein leeres Konzept, das es nun mit Inhalten und passende Maßnahmen und Initiativen zur Erreichung des Klimaziels zu füllen gilt.
Kernstück des Deals soll ein Renovierungsprogramm für Wohnungen und öffentliche Gebäude werden. Finanzielle Förderungen von Gebäudesanierungen sollen den Energieverbrauch innerhalb der EU deutlich senken. Laut EURACTIV sind Gebäude für circa 40 % des gesamten Energieverbrauchs der EU verantwortlich. In diesem Bereich ist das Potenzial, CO2-Emissionen zu verringern, folglich sehr hoch. Im Fokus sollen dabei zum einen die Umstellung veralteter Heiztechnologien auf “saubere” dekarbonisierte Heizsysteme stehen, zum anderen die Gebäudeisolierung, welche ein weiterer wichtiger Aspekt hinsichtlich der Modernisierung von Gebäuden ist.
Hoffnungen setzt Timmermans zudem in die zunehmende Bedeutung von Wasserstoffenergie. Wasserstoffenergie hätte das Potenzial, Europas Energielandschaft zu transformieren und eine Energiewende einzuleiten, so Timmermans. Ein wesentlicher Vorteil von Wasserstoff ist, dass die bereits bestehende Infrastruktur an Gaspipelines dafür genutzt werden könnte. Eine fehlende Infrastruktur hat beispielsweise den Ausbau von Wind- und Solarenergie verlangsamt.
Umstritten ist der Vorschlag für eine sogenannte CO2-Grenzsteuer. Die Steuer soll C02-Verlagerung vermeiden und sicherstellen, dass EU-Unternehmen unter gleichen Wettbewerbsbedingungen konkurrenzfähig sind.
Noch steht der European Green Deal vor großen Herausforderungen
Mit welchen Initiativen die ambitionierte Klimapolitik der neuen EU-Kommission allerdings erreicht werden soll, bleibt vage. Zurzeit sind in Brüssel mehrere Vorschläge, Ansätze und Ideen im Umlauf. Diese gilt es, in konkrete Maßnahmen und Gesetze umzuwandeln. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, ist ein umfassender politischer Rahmen erforderlich, welcher die Aspekte Klima, Energie, Umwelt, Industrie, Wirtschaft und Soziales vereint. Für jeden dieser Bereiche ist jeweils ein EU-Kommissar aus einem anderen Mitgliedstaat zuständig. Widerstände aus den Mitgliedstaaten müssen zunächst überwunden werden. Der Energiesektor in Polen beispielsweise ist größtenteils abhängig von der dort ansässigen Kohleindustrie. Ohne finanzielle Zusagen seitens der EU wird Polen einer ambitionierten europäischen Klimapolitik nicht ohne Weiteres zustimmen. Die unterschiedlichen politischen und nationalstaatlichen Interessen auf EU-Ebene zu koordinieren, um so einen kohärenten Green Deal zu beschließen, ist eine Herkulesaufgabe und bietet viele Möglichkeiten zum Scheitern.
Fazit
Noch sind die Vorschläge, die von der designierten Europäischen Kommission kommen, wenig konkret. In den ersten 100 Tagen nach Amtsantritt der neuen Kommission wird sich zeigen, wie groß der Wille innerhalb der EU ist den European Green Deal umzusetzen. Das Signal, welches mit der Ankündigung des Green Deals aus Brüssel an die EU Hauptstädte gesendet wird, ist jedoch begrüßenswert. Der Stellenwert von Klimapolitik hat innerhalb der Führung der EU zugenommen und auch die Mitgliedstaaten geraten damit unter Druck, Klimagesetze zu verabschieden. Die EU hat jedenfalls das Potenzial, neue klimapolitische Standards zu setzen. Der nächste UN Klimagipfel (COP26) findet Ende 2020 in Großbritannien statt. Bis dahin hat die EU Zeit, wie von Von der Leyen gefordert, zum Vorreiter in Klimapolitik zu avancieren und einen ambitionierten Beitrag zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens zu präsentieren.