Die langwierigen GroKo-Regierungsverhandlungen haben ein schließlich doch noch erfolgreiches Ende gefunden. Nun wird Merkel und die Union aus CDU/CSU wohl weitere vier Jahre mit Hilfe der SPD regieren. Wer in der neuen Regierung sein wird und was sie genau umsetzen will, erfahren Sie hier.
Besetzung der Ministerien
Angela Merkel bleibt Kanzlerin und ihre CDU hält damit weiterhin die mächtigste Position in der deutschen Politik. Doch der Juniorpartner SPD hat bei den Verhandlungen einige wichtige Ministerposten herausgeholt. Zum Beispiel wird der bisherige SPD-Chef und unterlegene Kanzlerkandidat Martin Schulz Außenminister. Dieses Amt wird dem ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten gut liegen, er ist auf der internationalen Bühne versiert und kann mit Sprachkenntnissen und Verhandlungsfähigkeiten glänzen. Auch war er auf der Europa-Ebene weit erfolgreicher als in der Bundespolitik, deshalb macht die Rückkehr auf die internationale Ebene viel Sinn. Außerdem bekommen die Sozialdemokraten die Ministerien für Arbeit, Familien, Justiz und Umwelt.
Eine Überraschung für viele war, dass auch der Posten des Finanzministers von der SPD besetzt werden soll. Dieses auch wegen der Europapolitik zunehmend international wichtige Amt wird in dieser Regierung wohl vom bisherigen Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz ausgeführt. Scholz war einiger der wenigen SPD-Politiker, der in den letzten Jahren einen Wahlerfolg verzeichnen konnte, als er 2015 als Hamburgs Erster Bürgermeister bestätigt wurde. Der Wechsel im Finanzministerium von Christ- zu Sozialdemokraten wird besonders im Ausland begrüßt. Dort war der CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble als kompromisslos verrufen und galt für viele als Personifizierung der gescheiterten Austeritätspolitik in Südeuropa.
Die Union aus CDU/CSU erhält dagegen die Ressorts für Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Verkehr. CDU-Powerfrau Ursula von der Leyen bleibt zudem Verteidigungsministerin, sie hat die Bundeswehrskandale der letzten Jahre scheinbar problemlos überstanden. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer kann sich auch zufrieden zeigen: der CSU-Mann, der oft mit rechtspopulistischen Äußerungen auffällt, wird Innenminister. Dabei werden ihm als “Superminister” noch die Themen Heimat und Bau zugeschrieben. Die Wahl von Seehofer stieß allerdings auf harte Kritik der Opposition: Linken-Politiker Jan Korte sagte dazu, dass es ein “großer Schritt für Rechtspopulisten jeglicher Couleur” sei und damit “fatal für die Grund- und Bürgerrechte”.
Doch nicht nur aus den Reihen der Opposition gab es Kritik am GroKo-Deal. SPD-Linke wie der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert fürchten einen weiteren Niedergang ihrer Partei, sollte sie noch einmal mit der Union in die Regierung gehen. Das ist deshalb relevant, weil die SPD-Basis den Verhandlungen noch zustimmen muss, bevor die Große Koalition zustande kommen kann. Und auch in der CDU werden unzufriedene Stimmen laut. Die SPD wird dort als Gewinner der Verhandlungen gesehen, da sie trotz extrem schlechtem Wahlergebnis so viele wichtige Ministerposten bekommt. Der CDU-Abgeordnete Olav Gutting twitterte sarkastisch “Puuuh! Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt”. International scheint die Reaktion jedoch insgesamt eher positiv auszufallen.
Was will die Regierung umsetzen?
Auf jeden Fall hat die GroKo große Pläne: Bis zu 46 Milliarden Euro will sie ausgeben. Das Geld ist da, Deutschland geht es wirtschaftlich extrem gut. Zwar wurden alte Klimaschutzziele aufgegeben, der Umweltschutz soll aber weiterhin eine große Rolle spielen. Es soll mehr Geld für Kinder geben, unter anderem durch eine Erhöhung des Kindergelds. Geringverdienende sollen entlastet, befristete Arbeitsverhältnisse reduziert und mehr Geld soll in den Wohnungsbau gesteckt werden. Bis zu 1,5 Millionen neue Wohnungen sind für die nächsten vier Jahre geplant, das erhöhte Wohnungsangebot soll die steigenden Mietpreise in deutschen Städten ausbremsen.
Konkret will die Große Koalition 12 Milliarden für Familien und Soziales ausgeben, 10 Milliarden für den Abbau des Solidaritätszuschlags (auch bekannt als “Soli”), 8 Milliarden für die Kommunale Flüchtlingshilfe, fast 6 Milliarden für Bildung und Forschung, sowie 4 Milliarden für Bauen und Wohnen. Zusätzlich will die Regierung 10-12 Milliarden Euro durch den Verkauf von Mobilfunklizenzen einnehmen, und dieses Geld direkt in den Breitbandausbau investieren. Damit würde vielen Bürgern eine bessere Internetverbindung ermöglicht und die digitale Infrastruktur langfristig verbessert. Ein weiterer interessanter Punkt ist die Kopplung von Verteidigungsausgaben an die Entwicklungshilfe: Für jeden Euro mehr, der für das Militär ausgegeben wird, soll mindestens ein Euro mehr für Entwicklung ausgegeben werden. Damit sollen unter anderem auch Fluchtursachen bekämpft werden. Auf internationaler Ebene könnten auch die vom französischen Präsident Macron angekündigten EU-Reformen umgesetzt werden.
Ob all diese Ziele auch realisiert werden, hängt nun zunächst einmal vom Votum der SPD-Mitglieder ab. Aber im Moment sieht es so aus, als hätten die Sozialdemokraten einen unerwartet guten Deal für sich ausgehandelt, was ein “Ja” sehr viel wahrscheinlicher macht. Also wird in Deutschland wohl weitere vier Jahre “durchgemerkelt”. Wie sich das auf die Regierungsparteien auswirken wird, kann nur die Zukunft zeigen.