Boeingdebakel: Schafft es Muilenburg, das Vertrauen zurückzugewinnen?

Nach zwei Flugzeugabstürzen in den vergangenen Monaten steckte der US-Flugzeugbauer Boeing in einer tiefen Krise. Der Konzern soll sich mittlerweile wieder erholt haben, so Konzernchef Muilenburg. Doch die zwei Abstürze mit insgesamt 346 Opfern haben tiefe Spuren hinterlassen - ein Softwarefehler soll Schuld gewesen sein. Kann der Konzern das verlorene Vertrauen wiederherstellen und Kunden überzeugen, dass das neue Modell 737 Max eines der sichersten Flugzeuge sei?

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Die Boeing-Hauptversammlung in Chicago wurde bereits bei deren Ankündigung eher kritisch betrachtet, da diese als die erste offizielle Pressekonferenz nach den Abstürzen galt. Im vergangenen Oktober und März waren zwei Boeing-Maschinen aufgrund eines Softwarefehlers abgestürzt. Die Nase eines der Unglücksflugzeuge wurde aufgrund eines fehlerhaften Sensors nach unten gedrückt. Dieser technischer Fehler kostete 346 Menschenleben und seither wurde das Modell 737 Max für den Flugverkehr in Deutschland gesperrt.

Bei der Hauptversammlung wurden Stimmen kritischer Aktionäre laut: Sie fordern den Rücktritt von Dennis Muilenburg nach dem Debakel oder zumindest, dass dieser seine Doppelrolle als Vorstandschef und Vorsitzender des Verwaltungsrats aufgibt. Sie fordern, dass Muilenburg die Verantwortung für die Unfälle übernimmt, denn er habe auf seine Mitarbeiter zu viel Druck ausgeübt, um das Modell schnellstmöglich vermarkten zu können. Dieser weigert sich jedoch, die volle Last zu tragen und weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Ein Rücktritt ist nicht abzusehen. Laut Muilenburg gebe es keine alleinige Ursache, sondern es sei eine Kette von Ereignissen gewesen, die zu den Unglücken führte. Das Ergebnis der Untersuchung sei abzuwarten, um sicherzustellen, welche Ereignisse letztendlich tatsächlich beteiligt waren. Muilenburg gibt sich optimistisch und zukunftsorientiert: ,,Unser Job ist es, uns auf die Sicherheit zu konzentrieren und nicht zu spekulieren."

Doch was bedeutet diese Aussage konkret? Es gebe eine neue Software, welche schon 146 Testflüge und rund 246 Flugstunden einwandfrei absolviert habe. Doch diese muss noch zertifiziert werden. Luftfahrtbehörden haben dafür 90 Tage angesetzt, doch vor August 2019 wird wohl keines der 737 Max Modelle wieder den Betrieb aufnehmen. Eine Streitfrage ist, ob Piloten per Computerkurs oder per Simulations-Training für die neue Software geschult werden. Letzteres ist aufwändiger und kostspieliger - Kosten, die nach dem Aktienabsturz von 13% oder auch einem Verlust von 2,1 Milliarden Dollar, nicht von Boeing getragen werden wollen. Diese Debatte kann das Comeback des Flugzeuges stark verzögern und gegebenenfalls zu weiteren Aktienabstürzen führen.

Laut Muilenburg sei das Update der Software sicher und verbessert: ,, [Das Update]  wird das Flugzeug künftig noch sicherer machen. Mit dieser veränderten Software wird die 737 Max eines der sichersten Flugzeuge sein, das je geflogen ist." Aussagen wie diese zeigen zwar die Willensstärke und den Optimismus des Unternehmens, jedoch kommt auch ein wenig der Eindruck auf, dass der sture Blick nach vorn die dramatischen Unglücksfälle in Vergessenheit geraten lassen soll. Ein Modell mit tragischer Vorgeschichte als ,,sicherstes Flugzeug” zu sprechen, kann ironisch, ignorant und sehr kalt wirken - vor allem für Betroffene. Die Opfer beziehungsweise Angehörigen halten sehr daran fest und wollen verhindern, dass die Unglücksfälle ohne Aufklärung in Vergessenheit gedrängt werden: Hinter jedem Verstorbenen stehen Familienangehörige, die jeden Tag mit dem Verlust kämpfen und deren Leben nachhaltig beeinflusst wird. Eininge haben Schadensersatzklagen eingereicht, doch wie diese Klagen ausgehen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgesehen werden.

Sicher ist, dass das Vertrauen in Boeing nachhaltig gestört ist. Die Verweigerung von Extra-Training, welches wenn schon früher angewandt, die Abstürze hätte verhindern können, erweckt den Eindruck, dass es trotz aller Anteilnahme doch nur um finanzielle Interessen geht. Muilenburg bricht die Pressekonferenz nach sechs Fragen abrupt ab. Warum? Dazu hat sich Muilenburg nicht geäußert.