Lange Zeit galt das Leitbild, Städte möglichst autogerecht zu gestalten. Stadtverwaltungen investierten kräftig in den Ausbau von Straßen, um die stetig steigende Zahl von Fahrzeugen im Stadtverkehr zu bewältigen. Das Auto bestimmte die Entwicklung der Metropolen. Doch heutzutage stellen die vielen Fahrzeuge ein Problem dar: Autos verstopfen Innenstädte, ihr Feinstaub verschmutzt die Luft und gefährdet die Gesundheit. Die zunehmenden Staus sowie die hohe Luftverschmutzung erfordern ein Umdenken in der städtischen Verkehrs- und Umweltpolitik. Immer mehr Städte werden aktiv, richten sogenannte Umweltzonen ein und verhängen Fahrverbote. Fußgängerzonen anstelle von befahrenen Straßen? Noch sind autofreie Städte kaum vorstellbar, aber wie lange wird das noch so bleiben?
Die autofreie Stadt als Zukunftsvision
Kein Verkehrschaos, keine Staus, kein Autolärm, mehr Platz für Grünflächen und Parks, Fußgänger und Fahrräder und vor allem eine bessere Luftqualität: Davon träumen viele Menschen, die in Großstädten wohnen. Noch ist die autofreie Stadt lediglich eine Zukunftsvision, doch europaweit schlagen Städte einen ökologischen Kurs ein. Schon jetzt gelten in den meisten Städten sogenannte Umweltzonen, welche von stark emittierenden Fahrzeugen nicht mehr befahren werden dürfen.
Madrid, Kopenhagen, Paris, Berlin
In Madrid ist seit einigen Jahren die Altstadt lediglich für Anwohner mit dem Pkw erreichbar. Kopenhagen räumt Radfahrern in der Verkehrsplanung oberste Priorität ein. Viele der Hauptverkehrsadern in der dänischen Hauptstadt haben pro Richtung nur eine Autospur, aber einen zweispurigen Radweg. Barcelona verhängte ein Fahrverbot für Dieselautos, die vor 2006 zugelassen wurden und für Benziner, welche vor 2000 zugelassen wurden. Seit Jahresbeginn dürfen diese Fahrzeuge werktags zwischen 7 und 20 Uhr nicht mehr in der Stadt fahren. Die Umweltzone umfasst das gesamte, 95 Quadratkilometer große, Stadtgebiet. Nach Angaben der Stadtverwaltung sind insgesamt 50.000 Fahrzeuge betroffen. Anna Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, kündigte ein Verbot von Dieselfahrzeugen ab 2024 an. Bis dahin plant Hidalgo, Radwege auszubauen und 170.000 Bäume im Stadtgebiet zu pflanzen. Eine ehemalige Schnellstraße entlang der Seine, die den Osten mit dem Westen der Stadt verband, wurde 2016 zur Fußgängerzone. Dort wo sich früher Auto um Auto aneinander reihten, flanieren nun Menschen, vorbei an den neu eröffneten kleinen Läden und Bars.
Auch deutsche Städte arbeiten mit Modellprojekten an der Reduzierung des städtischen Verkehrs. Hamburg erklärte, zumindest tagsüber, vier Straßen für autofrei. Zwischen 11 und 23 Uhr benötigt man nun eine Sondergenehmigung, um die Straßen zu befahren. In Berlin wurde letztes Jahr die vielbefahrene Friedrichstraße im Herzen der Stadt testweise zwei Tage lang für Autofahrer gesperrt. Die Testphase soll in diesem Jahr ab Juni auf sechs Monate ausgedehnt werden. Der Berliner Senat erhofft sich dadurch neben der Verbesserung der Luftqualität eine Wiederbelebung der Friedrichstraße als Einkaufs- und Geschäftsstraße.
Widerstand
Die Vorteile, die mit der Verbannung des Autos in Innenstädten einhergehen, liegen auf der Hand: Die sinkende Feinstaubbelastung durch Pkws senkt die städtische Luftverschmutzung. Städte könnten grüner werden und gleichzeitig ist mehr Raum für Radfahrer und Fußgänger vorhanden.
Es regt sich jedoch auch Widerstand gegen die Vorhaben der Städte und es kommt immer wieder zu Protesten gegen die Fahrverbote. Einzelhändler fürchten um ihre Kundschaft, die mit dem Auto zum Einkaufen fährt. Außerdem sind viele Berufstätige aufgrund schlechter Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel auf ein Auto angewiesen. Pendler befürchten durch die vielen Einschränkungen noch längere Fahr- und Wartezeiten in Staus. Betroffene Menschen beklagen vor allem die fehlenden Alternativen zum Auto und treffen damit einen wunden Punkt vieler Stadtverwaltungen.
Alternativen zu Pkws müssen geschaffen werden
Die Proteste verdeutlichen: Noch stehen die meisten Städte vor großen Herausforderungen, um Autos aus ihren Zentren zu verbannen. Die öffentliche Infrastruktur, insbesondere der öffentliche Nahverkehr, muss ausgebaut werden. Luxemburg verfolgt seit einigen Jahren ein Verkehrskonzept, dass auf die Subventionierung und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs setzt. Seit Ende Februar muss niemand mehr für eine Fahrt mit Bus, Bahn oder Straßenbahn zahlen. Es geht jedoch nicht nur um den Ausbau des Netzes und verkürzte Taktung innerhalb des Stadtgebiets, sondern auch um die verbesserte Anbindung des Umlands.
Außerdem ist es Menschen in vielen Städten noch immer zu gefährlich, auf das Rad umzusteigen. Metropolen wie Kopenhagen und Amsterdam machen vor, wie eine städtische Mobilitätswende hin zum Fahrrad umgesetzt werden kann. Dort gilt das Radfahren als sicher und ein Großteil der Berufspendler steigt täglich auf den Sattel, nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch, weil innerhalb des Zentrums dieser Fahrradstädte das Rad das schnellste Fortbewegungsmittel ist.
Fazit
Es wird noch dauern, bis das Auto aus dem europäischen Stadtbild verschwindet. In den Städten findet jedoch bereits ein Umdenken statt. Damit eine Verkehrswende und die Abkehr von Autos funktioniert, muss jedoch in Alternativen, wie beispielsweise das öffentliche Nahverkehrssystem, investiert werden. Städte wie Luxemburg oder Kopenhagen machen vor, wie dies gelingen kann.