Auf der Suche nach neuen Technologien, welche die Menschheit in der Zukunft mit sauberer und nachhaltiger Energie versorgen wird, wird Fusionsenergie als große Hoffnung angesehen. Doch der wissenschaftliche Fortschritt, welcher benötigt wird, um Fusionsenergie marktfähig zu machen, ist groß. Wieso Fusionsenergie den besten Wissenschaftlern dieser Welt Kopfzerbrechen bereitet und welchen neuen Rekord Südkorea nun aufgestellt hat, erfahren Sie im nachfolgenden Artikel.
ⓒ KOREA INSTITUTE OF FUSION ENERGY
Kernfusion ist keine neue Technologie. Bereits seit über 60 Jahren arbeiten Wissenschaftler weltweit daran, eine uns sehr bekannte, effiziente und saubere Energiequelle zu kopieren: Unsere Sonne. Die Menschheit ist verständlicherweise seit jeher mit der Sonne fasziniert, denn trotz der 150 Millionen Kilometern Entfernung, welche zwischen Sonne und Erde liegen, können wir die Sonnenenergie deutlich spüren.
Unkontrollierte Kernfusion in unserer Sonne
Unsere Sonne ist im Prinzip ein gigantischer Kernreaktor, in welchem unkontrolliert Kernfusionen stattfinden. Seit über 4,5 Milliarden Jahren geschehen Kernfusionen im Inneren der Sonne. Das bedeutet, dass bei extrem hoher Schwerkraft und hohen Temperaturen, um die 15 Millionen Grad Celsius, Wasserstoffatome miteinander verschmelzen und Helium formen. Die Schwerkraft der Sonne ist rund 28-mal stärker als die Schwerkraft der Erde. Durch diese enorme Schwerkraft werden Wasserstoffatome aus der Atmosphäre angezogen und dienen sozusagen als Treibstoff der Sonne. Aufgrund der vorherrschenden Schwerkraft sowie den extremen Temperaturen bildet sich Plasma, in welchem sich Elektronen, welche eine negative Ladung haben, sowie Atomkerne, welche eine positive Ladung haben, getrennt voneinander bewegen. Ohne die vorherrschenden Gravitationskräfte der Sonne würden sich die positiv geladenen Atomkerne aufgrund deren Ladung voneinander abstoßen. Doch die Gravitationskraft der Sonne verhindert die elektrostatische Abstoßung und so fliegen die positiven Atomkerne aufgrund der hohen Temperaturen auf engstem Raum umher, bis diese letztendlich miteinander kollidieren und vier Protonen, bzw. zwei Wasserstoffkerne, zu einem neuen Heliumkern fusionieren.
In diesem Prozess werden Unmengen von Energie freigesetzt, welche beachtliche 100.000 Jahre benötigen, um vom Sonneninneren an die Oberfläche zu gelangen. Um die von der Sonne erzeugte Energie für uns in Relation zu setzen: Wenn Sie nur ein Gramm Wasserstoff nehmen und dieses zu Helium verschmelzen könnten, würden Sie 180.000 kWh an Energie freisetzen. Könnten Sie diese Energie für Ihre Wohnung benutzen, bräuchten Sie nie wieder eine Stromrechnung zu bezahlen, denn 180.000 kWh entspricht ungefähr einer Stromrechnung in Höhe von 53.800 Euro. Unsere Sonne hat jedoch nicht nur einige Gramm an Wasserstoff zur Verfügung, sondern stattliche 6 Milliarden Tonnen. Bis der Sonne die Wasserstoffatome ausgehen, dürften rund 5 Milliarden Jahre vergehen - ein unvorstellbarer Zeitraum aus menschlicher Sicht. Sorgen, dass der Sonne die Wasserstoffatome ausgehen, müssen wir uns also nicht.
Neuer Weltrekord einer “künstlichen Sonne” in Südkorea
Die Leistung unserer Sonne ist somit äußerst beachtlich und es verwundert nicht, dass Wissenschaftler versuchen, den Vorgang der Energiegewinnung künstlich nachzuahmen. Besonders interessant ist Fusionsenergie daher, weil diese emissionsfrei Energie erzeugt. Doch den Vorgang, welcher in der Sonne unkontrolliert stattfindet, in kontrolliertem Maße nachzuahmen, ist ein wissenschaftliches Meisterwerk und Wissenschaftler sind derzeit noch weit davon entfernt, es in Realität umzusetzen.
Wissenschaftler in Südkorea sind dem ganzen nun jedoch wieder einen Schritt näher gekommen: Der südkoreanische Fusionsreaktor KSTAR (Korea Superconducting Tokamak Advanced Research), welcher sich in der Stadt Daejeon befindet, hat einen neuen Weltrekord aufgestellt. Wissenschaftlern ist es gelungen, dass KSTAR erstmals für 20 Sekunden Ionenplasma bei einer Temperatur von über 100 Millionen Grad Celsius halten konnte. In 2019 konnte dies für 8 Sekunden erreicht werden. Den koreanischen Wissenschaftlern ist es somit gelungen, die Zeit zu verdoppeln. Die extreme Temperatur für möglichst lange Zeit konstant halten zu können, ist eine ausschlaggebende Voraussetzung, um das Verschmelzen der verwendeten Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium ermöglichen zu können. Die dortigen Wissenschaftler streben an, diesen Zeitraum bis 2025 auf 300 Sekunden zu erhöhen. Ziel ist es, letztendlich mit der entstandenen Energie Dampfturbinen antreiben zu können, welche wiederum Strom erzeugen.
ⓒ KOREA INSTITUTE OF FUSION ENERGY
Fazit
Schaut man in das Weltall, ist unsere Sonne nichts außergewöhnliches: Wenn man sie mit anderen Sternen vergleicht, hat sie eine eher durchschnittliche Größe und auch die Oberflächentemperatur ist nichts besonderes. Dennoch hat unsere Sonne für uns eine ganz besondere Bedeutung, da sie Leben auf der Erde ermöglicht. Wissenschaftler weltweit, wie beispielsweise jene, die an KSTAR oder ITER arbeiten, versuchen, unsere Sonne zu imitieren, um so eine emissionsfreie Energiequelle für unsere Zukunft zu schaffen.