Was ist neu im Verkehrsrecht?

Erst im November 2021 ist der neue Bußgeldkatalog in Kraft getreten, schon gibt es mit Jahresbeginn weitere Änderungen im Verkehrsrecht. Für jeden ist etwas dabei – von Fahranfängern über Halter von E-Autos bis zu Besitzern von Papierführerscheinen. Wir haben uns genau angesehen, was 2022 für Autofahrer in Deutschland bereithält. 

5 Änderungen im Jahr 2022

Eigentlich gibt es weitaus mehr Änderungen. Zumindest aber lassen sich die Neuerungen in fünf Kategorien einteilen.Führerschein umtauschen

1. Zeitgemäße Führerscheindokumente

Mit der ursprünglichen Frist vom 19. Januar wäre die Neuregelung inzwischen schon nicht mehr neu – aufgrund behördlicher Engpässe wurde sie jedoch verlängert. Danach ist die erste Gruppe aller Inhaber grauer oder rosafarbener Führerscheindokumente bis Juli zum Umtausch gegen EU-Führerscheine im Scheckkartenformat mit biometrischem Passbild verpflichtet.

Insgesamt rund 43 Millionen Betroffene sind gestaffelt nach ihrem Geburtsjahrgang bzw. dem Ausstellungsdatum ihrer Fahrerlaubnis bis 2033 zum Wechsel aufgerufen. Nach Fristablauf werden die alten Führerscheine ungültig, die neuen müssen nach weiteren 15 Jahren verlängert werden. Für den rein verwaltungstechnischen Vorgang werden rund 25 Euro berechnet.

Führerschein-Ausstellungsdatum bis 31.12.1998

Jahrgang Besitzer Frist
1953-1958 19.01.2022 (verlängert bis 19.07.2022)
1959-1964 19.01.2023
1965-1970 19.01.2024
Ab 1971 19.01.2025

Hinweis: Wer vor 1953 geboren wurde, muss seinen Führerschein unabhängig vom Ausstellungsjahr bis zum 19.01.2033 umgetauscht haben.

Führerschein-Ausstellungsdatum ab 01.01.1999

Ausstellungsjahr Führerschein Frist
1999-2001 19.01.2026
2002-2004 19.01.2027
2005-2007 19.01.2028
2008 19.01.2029
2009 19.01.2030
2010 19.01.2031
2011 19.01.2032
2012-18.01.2013 19.01.2033

Bei Nichtbeachtung droht ein Verwarngeld in Höhe von zehn Euro.

Hinweis: Die geplante Einführung des digitalen Führerscheins wurde nach gescheiterten Modellversuchen vorläufig ad acta gelegt.

2. Verpflichtende Fahrassistenzsysteme

Mit der Einführung verpflichtender Fahrassistenzsysteme setzt die deutsche Regierung EU-weite Vorgaben in nationales Recht um. Die Vorschriften gelten zusätzlich zu den bereits eingeführten Maßnahmen des Automatischen Bremssystems (2004) sowie dem elektronischen Stabilitäts-Programm und Reifendruckkontrollsystem (jeweils 2014). Danach müssen ab Juli 2022 alle typengenehmigten (zertifizierte Übereinstimmung des Wagens mit einschlägigen Anforderungen) und ab Juli 2024 alle neu zugelassenen Personenkraftwagen über folgende serienmäßigen Einbauten verfügen:

  • Geschwindigkeitsassistent: Anzeige von Geschwindigkeitsüberschreitungen durch optische Einblendungen oder Schwingungen des Gaspedals
  • Notbremsassistent: Automatischer Bremsvorgang bei nahenden Gefahrensituationen
  • Nofallspurhalteassistent: Automatisches Zurücklenken bei Überschreiten der Spurbegrenzung
  • Notbremslicht: Automatisches Rücklichtsignal bei plötzlichem starkem Bremsen
  • Black-Box: Speicherung unfallbezogener Größen
  • Alkohol-Interlock-System-Schnittstelle: Standardisierte Schnittstelle für automatische Wegfahrsperren bei erhöhtem Alkoholgehalt. Geräte-Nachrüstung für 2024 geplant
  • Müdigkeits-Warnsystem: optische oder akustische Signale bei nachlassender Aufmerksamkeit des Fahrers
  • Rückfahrassistent: Information zu Personen und Objekten hinter dem Fahrzeug
  • Abbiegeassistenten für Bus- und Lastkraftwagenfahrer: Informationsweitergabe zu Fußgängern und Radfahrern im toten Winkel beim Abbiegen

Hinweis: Für Motorräder gelten mit Tempomaten, Traktions- und Hinterrad-Abhebe-Kontrollen andere Maßnahmen.

E-Auto

3. Alternative Antriebsarten

Mit der steigenden Nachfrage nach klimafreundlichen Kraftfahrzeugen finden sich entsprechend viele Neuregelungen.

  • Förderung von Hybrid-Autos: Seit Jahresbeginn müssen Hybrid-Autos für den Anspruch auf eine staatliche Prämie eine Mindestreichweite von 60 Kilometern vorweisen können. Diese wurde damit um 20 Kilometer gegenüber den vergangenen Jahren angehoben, ab 2025 ist eine Erhöhung auf 80 Kilometer geplant. Die Emissionsgrenze von maximal 50 Gramm Kohlendioxidausstoß pro gefahrenem Kilometer bleibt bestehen. 
  • Energiesteuer-Ermäßigung für Autogas: Nach einer schrittweisen Reduzierung über die vergangenen Jahre läuft am 31.12.2022 die Energiesteuerermäßigung für mit Autogas (LPG) betriebene Fahrzeuge komplett aus.
  • Innovationsprämie Elektroautos: Verlängert bis zum 31. Dezember wurde hingegen die Innovationsprämie für elektrobetriebene Fahrzeuge. Ab 2023 sollen Förderungen stärker an den direkten Klimaschutzeffekt gekoppelt werden.
  • Preisangaben an Ladestationen: Ab dem 28. Mai müssen öffentlich zugängliche Ladesäulen für Elektroautos
    • auch Interessenten ohne Vertrag spontanes Aufladen ermöglichen
    • den veranschlagten Arbeitspreis je Kilowattstunde transparent und ohne versteckte Gebühren ausweisen.
  • Treibhausgasminderungsquote für Privatnutzer: Bis 2030 können private Halter und Flottenhändler von Elektrofahrzeugen ihre eingesparten Kohlendioxidemissionen an Mineralölunternehmen verkaufen. Die Bearbeitung läuft über ausgewiesene Anbieterfirmen, die Prämien liegen aktuell bei 250 bis 365 Euro pro Auto. Die Treibhausgasminderungsquote gilt unabhängig vom Handel mit CO²-Zertifikaten.

CO₂-Steueranhebung

Im Zusammenhang mit Klimaschutz steht auch die Anhebung der CO²-Steuer bis 2025. Mit Beginn der zweiten Stufe am 1. Januar ist der Preis für Diesel und Benzin um 1,4 Cent pro Liter gestiegen. Damit fiel die Anhebung wesentlich geringer aus als mit sieben bzw. acht Cent im Jahr 2021.  

Hinweis: Auch innerstädtische Anwohnerparkausweise werden teurer. Nach dem Wegfall des bundesweiten Kostendeckels von 30,70 Euro jährlich ist die Preisgestaltung jetzt Ländersache. Anhebungen von bis zum Zehnfachen des bislang geltenden Betrages wurden bereits angekündigt.

4. Erhöhter Käuferschutz

Wir haben auch gute Nachrichten! Neuregelungen im Gewährleistungsrecht kommen Käufern von Kraftfahrzeugen und fahrzeugrelevanten Hard- und Softwarelösungen zugute.

  • Digitale Inhalte: Seit Jahresbeginn müssen Hersteller smarter Produkte zur Nutzung im Kraftfahrzeug (Beispiel: GPS) für einen noch unbestimmten Zeitraum kostenlose Softwareupdates bereitstellen.
  • Beweislastumkehr: Bei einem Neu- oder Gebrauchtwagenkauf über einen offiziellen Händler ging die Beweislast zu Fahrzeugmängeln bislang bereits nach sechs Monaten auf den Käufer über. Diese Frist wurde nun um ein weiteres halbes Jahr verlängert.

Hinweis: Experten befürchten als Konsequenz eine durchschnittliche Kaufpreiserhöhung von zehn bis 20 Prozent.

Tüv Plakette lesen
Quelle: Bußgeldkatalog.org

TÜV-Plakette

Auch die Farbe der TÜV-Plakette steht mit einem Fahrzeugkauf in Zusammenhang. Wer 2022 zur erneuten Hauptuntersuchung muss, wechselt von Rotbraun auf Grün, Neuzulassungen erhalten orangefarbene Plaketten. Insgesamt vergibt der TÜV sechs Farben in jährlich wiederkehrender Abfolge. Sie informieren über das Jahr der nächsten Hauptuntersuchung.

  • 2022: rotbraun
  • 2023: rosa
  • 2024: grün
  • 2025: orange
  • 2026: blau
  • 2027: gelb
  • 2028: rotbraun

5. Typenklassen bei Kfz-Versicherungen

Abhängig von Unfall- und Schadensstatistiken werden Fahrzeugmodelle jährlich vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft in Ihrer Typklassen neu eingestuft. 2022 können sich danach rund 4,3 Millionen Fahrzeugbesitzer in Deutschland über günstigere Prämien freuen, gut sieben Millionen werden verstärkt zur Kasse gebeten. 

Mögliche Nachzügler

Neben den bereits feststehenden Änderungen folgen möglicherweise weitere Neuregelungen noch in diesem Jahr. Diskutiert werden:

  • eine Anhebung der Probezeit bei Führerschein-Neulingen von zwei auf drei Jahre
  • die Mitführpflicht zweier Gesichtsmasken im Verbandskasten
  • erneute Änderungen im Bußgeldkatalog
  • das Verbot von Autofahren unter Cannabiseinfluss, sobald Cannabis legal konsumiert werden darf