In diesem Wechseljetzt.de Beitrag finden Sie eine Übersicht über das geplante Importverbot von russischem Gas in die EU. Warum jetzt? Wie soll das funktionieren? Was sind die Folgen für mich?
Aufgaben der EU Kommission
Die EU Kommission, geleitet von Ursula von der Leyen, sitzt in Brüssel, also im Herzen der Europäischen Union und trägt von dort aus zur Gesamtstrategie der EU bei. Als Exekutive besitzt sie das alleinige Initiativrecht im Gesetzgebungsverfahren und überwacht deren Umsetzung. Damit ein Gesetz in kraft tritt, muss allerdings das Europäische Parlament, sowie der Rat der Europäischen Union zustimmen.
Warum jetzt?
Die EU Kommission hat den Beschluss gefasst, sich durch das Verbot von russischem Erdgas endgültig unabhängig zu machen. Die kreierte Abhängigkeit wurde bereits mehrmals durch Russland ausgenutzt und als Druckmittel eingesetzt, zuletzt im Jahre 2022. Konkret hatte Russland die Gaslieferungen durch vorgeschobene Erklärungen, wie Reparaturarbeiten, eingestellt. Ziel war es, den Gaspreis in die Höhe zu treiben, um so Druck auf Deutschland und die EU auszuüben. Dieser Vorfall wird direkt mit den Sanktions-Pakten der EU, als Antwort auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine, in Verbindung gebracht. Hierbei war Gas von den Sanktionen nicht betroffen.
Abgesehen von der ausgehenden Bedrohung durch russisches Gas verurteilte die Europäische Union den Angriffskrieg scharf und belegte Russland mit etlichen Sanktionen, wie zum Beispiel das Importverbot von russischem Öl. Der ausbleibende Handel soll als Druckmittel dienen und die Wirtschaft Russlands schwächen. Jedoch finanzieren die EU-Mitgliedsstaaten durch weitere ausbleibende Sanktionen auf Erdgasimporte weiterhin den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.
Bisher gab es zwar keine EU-weit ausgerufenen Sanktionen, aber einen starken Rückgang der Gas-Importe aus Russland. Dies lag an den verschiedenen Reaktionen der EU Staaten und ihren jeweiligen nationalen Interessen. Während in 2021, 45% der Gasimporte der EU aus Russland kamen, waren es im Jahr 2023 nur noch 15%. Nach diesem drastischen Rückgang gab es jedoch wieder einen leichten Aufschwung im Jahre 2024 auf 19%. Die Kombination aus diesen Faktoren, Sicherheit, Finanzierung Russlands und Aufschwung der Importe hat nun die EU Kommission dazu veranlasst, die russischen Gasimporte bis 2027 auf 0% zu reduzieren.

Wie soll das funktionieren?
Um diese Forderung umzusetzen, hat die EU Kommission einen mehrstufigen Plan präsentiert. Dieser sieht vor, dass Unternehmen transparenter sein müssen, indem sie ihre Verträge bezüglich Gas dem jeweiligen Mitgliedstaat der EU präsentieren müssen. Diese gesammelten Daten können helfen, EU weite Maßnahmen besser zu koordinieren und Alternativen bereitzustellen, wenn Gas benötigt wird. Zudem hilft es, die erste "Verbots-Phase" der EU effektiv durchzusetzen.
Um diese zu verstehen, ist es wichtig, die zwei unterschiedlichen Modelle von Gasverträgen zu erläutern. Hierbei gibt es langfristige Verträge, die etwa zwei Drittel der Gasimporte aus Russland ausmachen. Andererseits gibt es den sogenannten Spot Market, der auf kurzfristigen Verträgen basiert. Im ersten Schritt soll bis Ende 2025 das Handeln auf dem Spot Market verboten werden, sowie das Abschließen neuer langfristiger Verträge. In der zweiten "Verbots-Phase" sollen dann die langfristigen Verträge bis spätestens 2027 unzulässig werden. Grund für den späteren Zeitpunkt sind die Hürden durch das höhere Volumen an Verträgen und daraus resultierende Effekte für Käufer.
Woher kommt das Gas dann?
Die Kommission listet mehrere alternative Gasquellen/Lösungen auf, die als Ersatz für russisches Gas dienen könnten:
Die Implementierung der EU-Energieziele soll dabei helfen, da sie als alternative Quelle zum Erdgas genutzt werden kann. Durch die Durchsetzung erhofft sich die EU Einsparungen von 15 Milliarden Kubikmetern Erdgas bis 2027. Die Prognose für den Gasimport aus Russland
kalkuliert etwa 36,5 Milliarden Kubikmetern. Durch die Umsetzung der Energieziele könnte also ein großer Bestandteil der russischen Gaslieferungen ersetzt werden.

Während der Gasmarkt 2025 relativ wenig Gasangebote hat, wird für 2026 ein Anstieg der Gasangebote erwartet, der den Bedarf decken wird. Ein Wachstum von 85-90 Milliarden Kubikmetern wird von Ländern wie den USA, Kanada und mehreren afrikanischen Ländern erwartet. Zudem wird in Rumänien die Gasförderung 2027 beginnen. Weiter wird ein Anstieg des Gas Angebotes um 50% bis 2030 erwartet. Zum Vergleich, in 2023 verbraucht Deutschland 75,7 Milliarden Kubikmeter Gas.
Zwischen 2022 und 2024 wurden bereits zwölf neue Flüssiggas (LNG)-Terminals in Europäischen Häfen erbaut, um die Aufnahme durch andere Anbieter wahrnehmen zu können und nicht mehr auf Pipelines wie Turkstream (Pipeline in der Türkei) angewiesen sein zu müssen. Diese Unabhängigkeit ist vor allem wichtig, wenn man den Vorfall Nordstream betrachtet. Diese wurde im September 2022 an mehreren Stellen gesprengt. Dieses Attentat ist eines der größten jemals auf die deutsche Infrastruktur. Pipelines bieten eine weitere Angriffsfläche, die ausgenutzt werden kann, um erheblichen Schaden anrichten.

Was bedeutet das für mich?
Der vorgelegte Plan der Europäischen Kommission ist vorerst nur ein Vorschlag und kein Gesetz. Im Juni möchte die Kommission einen Gesetzesentwurf vorlegen, über den das Europäische Parlament sowie der Rat der Europäischen Union abstimmen müssten. Bis keine einheitliche Antwort der EU existiert, sind die Mitgliedstaaten zu nichts verpflichtet und können nach ihren eigenen Interessen handeln.
Sollte diese Legislatur in Kraft treten, wird durch den langsamen und kontrollierten Ausstieg ein möglichst minimaler Einfluss auf die Gaspreise erwartet. Dies soll durch den erwarteten Anstieg des Angebots sowie den Umstieg auf erneuerbare Energien geschehen.
Deutschland selbst verfolgt eine strengere Linie als die EU und importiert seit Herbst 2022 kein Erdgas mehr aus Russland. Daher sollte der Einfluss auf den deutschen Markt eher gering sein. Sollten sie sich jedoch unsicher sein, können sie jederzeit ihren Gastarif auf unserer Website vergleichen und gegebenenfalls wechseln. Fraglich ist, wie es um Unternehmen wie Sefe, ehemals Gazprom Germania, steht. Sefe ist ein deutsches, verstaatlichtes Unternehmen, und importiert weiterhin Flüssiggas aus Russland nach Europa aufgrund alter Verträge. Ob sie sich den alten Verträgen rechtlich entziehen können, ohne von internationalen Gerichtshöfen abgestraft zu werden, ist fraglich.
