Der EU-Energiebinnenmarkt

Deutschlands Wirtschaft ist weitgehend in den europäischen Binnenmarkt eingebettet. Eine Ausnahme stellt jedoch der Handel mit Strom und Gas dar. Bis heute sind die Energiepolitiken der einzelnen Mitgliedstaaten der EU nur wenig integriert und weichen zum Teil stark voneinander ab, zum Nachteil der Verbraucher. Eine Vollendung des Energiebinnenmarktes, die sogenannte Energieunion, ist zurzeit lediglich eine Zukunftsvision. Wechseljetzt.de informiert über Hindernisse und die neuesten Initiativen und Entwicklungen zur Integration der nationalstaatlichen Energiemärkte innerhalb der EU.EUEnergiebinnenmarkt2

Ziele der Energieunion

Die Energielandschaft innerhalb der EU ist noch immer stark fragmentiert. Das Ziel der Energieunion ist eine stärkere Integration der nationalstaatlichen Energiemärkte innerhalb der EU. Strom und Gas sollen innerhalb der EU ohne technische und rechtliche Hindernisse grenzüberschreitend frei fließen. Dies soll einen freien Wettbewerb der Energieversorger um die besten Energieangebote und das Ausschöpfen des Potenzials erneuerbarer Energien ermöglichen. Außerdem soll mithilfe der Energieunion die Abhängigkeit von Energielieferungen fossiler Brennstoffe außerhalb der EU, beispielsweise aus Russland, verringert werden. Damit soll auch die Einhaltung der europäischen Klimaziele gewährleistet werden. Bis 2030 plant die Europäische Kommission den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix der EU auf 32 % zu erhöhen. Bis zum Jahr 2050 will die EU eine völlig klimaneutrale Erzeugung von Energie erreichen. Dafür ist eine drastische Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern erforderlich. Im Jahr 2017 lag der Anteil erneuerbarer Energien am EU-Energiemix noch lediglich bei 17,5 %. Seither ist der Anteil gestiegen, doch von der 32 %-Zielmarke ist die EU noch weit entfernt. Besonders hoch ist der Anteil von erneuerbaren Energien in Skandinavien. Die Abhängigkeit der EU von fossilen Energieträger sinkt, doch noch immer ist die EU auf Gas- und Ölimporte angewiesen.

Vorteile einer Energieunion

Grenzüberschreitender Handel mit Strom und Gas bedeutet mehr Wettbewerb innerhalb der EU und sorgt auf Dauer für sinkende Energiepreise für den Endverbraucher. Verbraucher können zwischen einer größeren Anzahl von Energieanbietern wählen, was zu einer Stärkung ihrer Position führt. Auch für die Energiewende ist die stärkere Vernetzung der Energiemärkte von Nutzen. Eine Herausforderung für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien sind die Produktionsspitzen, die bei starkem Wind oder vielen Sonnenstunden entstehen. Phasenweise überschüssige Energie könnte so unkompliziert in Nachbarländer verkauft werden. Bei Energieknappheit in einem Mitgliedsland könnten andere EU-Mitglieder einspringen und die benötigte Energie liefern. Dadurch könnte eine Überlastung der Energienetze verhindert und die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Davon profitieren würden Wirtschaft, Verbraucher und Energieunternehmen.EUEnergiebinnenmarkt3

Hindernisse zum Erreichen der Energieunion

Bisher sind die Maßnahmen zur Erreichung einer engeren Vernetzung der Energiemärkte und zur Vollendung einer Energieunion unkoordiniert. Dies wird vor allem mit Blick auf Deutschland deutlich. Der Ausstieg aus der Kernkraft und aus der Kohlekraft erfolgte im Alleingang. Die Nachbarstaaten wurden in den Prozess nicht mit einbezogen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Aufgrund der Fragmentierung der Regelungen und fehlende Abstimmungen in den Energieplänen zwischen den Mitgliedstaaten, kommt es in Deutschland zu dem Paradox, dass trotz Ausstieg aus der Kernkraft zunehmend Atomstrom aus Frankreich importiert wird.

Eine der wohl größten Hürden für die Energieunion ist die Netzinfrastruktur innerhalb der EU: Es fehlen grenzüberschreitende Netze. Das liegt unter anderem auch an deren Eigentumsverhältnissen, denn Produktion und Netze sind im Besitz privater Energieproduzenten. Diese haben kein Interesse daran, neue Anbieter fair zu behandeln und Netze grenzüberschreitend auszubauen, da dies mit mehr Konkurrenz und der Schwächung der eigenen Marktposition verbunden ist. Der Staat kann zwar Anreize schaffen, doch der Ausbau selbst obliegt im Entscheidungsbereich der Netzeigentümer. 

Maßnahmen zum Ausbau der Energieunion

Die EU-Kommission versucht den grenzüberschreitenden Ausbau der Energieunion nun mithilfe von Infrastrukturprojekten voranzutreiben. Dazu identifizierte Brüssel neun Korridore, in denen der Ausbau der Energieinfrastruktur besonders gefördert werden soll. In Deutschland wird vor allem der Ausbau einer Nord-Süd-Verbindung unterstützt, um den in Norddeutschland aus Windenergie gewonnen Strom in den Süden Deutschlands transportieren zu können. Finanziert werden die Projekte aus einem EU-Fond, Connecting Europe Facility (CEF), der ein Volumen von 30 Milliarden Euro hat, um europaweite Infrastrukturinvestitionen in Verkehrs-, Energie- und digitale Projekte zu fördern.

Fazit

Die geplante Energiewende und der damit einhergehende Ausbau erneuerbarer Energien macht eine Europäisierung der Energiemärkte erforderlich. Mithilfe eines harmonisierten EU-Energiebinnenmarkts werden Energiepreise gedämpft und die Versorgungssicherheit gewährleistet. Dazu müssen jedoch vor allem die Hindernisse beim grenzüberschreitenden Netzausbau überwunden werden.